Internationaler Rat Christlicher Kirchen
(ICCC)

HANDBUCH ORIENTIERUNG: Religionen, Kirchen, Sekten, Weltanschauungen, Esoterik.Wenige Tage vor der Gründung des ÖRK (Ökumenischer Rat der Kirchen) im August 1948 kam eine total entgegengesetzte Veranstaltung in Amsterdam zustande. Es war die Gründungskonferenz des Internationalen Rates Christlicher Kirchen (International Council of Christian Churches) ICCC. Sie wurde von dem holländischen Politiker Arie Kok organisiert. Der ICCC wurde der bedeutendste und schärfste Kritiker des ÖRK. Er verstand sich von Anfang an als Gegenökumene. Sein Präsident war der führende amerikanische Fundamentalist Carl McIntire (1906-2002). Schon in den dreißiger Jahren hatte dieser die linke und modernistische Unterwanderung vieler Kirchen bekämpft. Dies veranlaßte ihn und seine Gesinnungsgenossen zur "Separation". Man beabsichtigte, sich von jeglicher theologischer Irrlehre abzusondern (Absonderung).

War diese Bewegung im Anfang also mehr eine Separationsbewegung von der >Liberalen Theologie, so gab es später auch bewußte Trennung von den sogenannten Neo-Evangelikalen, die man als zu versöhnlerisch mit den modernen Irrlehren ansah. Um diesem entgegenzuwirken, gründete er verschiedene Organisationen, in denen sich als >Fundamentalisten verstehende amerikanische Christen wirkten.

Zum ICCC gehören zu Beginn des 21. Jahrhunderts, nach eigenen Angaben, rund 40 Millionen Christen in über 400 verschiedenen Kirchen schwerpunktmäßig in Fern-Ost und Amerika. Allerdings scheint es sich dabei mitunter um recht kleine Gruppierungen und Abspaltungen von anderen Kirchen zu handeln.

Im Gegensatz zu der dünnen Lehrgrundlage der Basis des ÖRK hat der ICCC alle wesentlichen Heilsgrundlagen der Bibel zur Basis seiner Gemeinschaft gemacht. Zusammengefaßt sind sie in den "11 biblischen Wahrheiten", vergleichbar mit der (älteren) Basis der >Evangelischen Allianz. Auch das Apostolische Glaubensbekenntnis (>Apostolikum) gehört zu den Glaubensgrundlagen des ICCC. Kämpferische Auseinandersetzungen mit dem ÖRK, dem Kommunismus, dem Modernismus und dem Zeitgeist kennzeichnen die Verlautbarungen und Aktivitäten des ICCC. Der ICCC beschuldigt den ÖRK, den Protestantismus und die Orthodoxie der Römisch-Katholischen Kirche zuführen zu wollen. Er sieht im ÖRK die Organisation, die die endzeitliche Weltkirche errichtet und die wirklich Gläubigen verfolgt (Antichrist, Babylon). In Billy Graham und vielen anderen führenden Evangelikalen meint man, Kompromißler zu erkennen. Einen besonderen Schwerpunkt bildet die Auseinandersetzung mit den nationalen Christenräten.

Beim 50. Jubiläum im Jahre 1998 sagte der wiedergewählte ICCC-Präsident Carl McIntire auf der Festveranstaltung in der Englischen Kirche in Amsterdam:

"Der Weltkirchenrat ist vom Satan inspiriert".

Seine Repräsentanten glaubten nicht einmal an die Auferstehung Jesu Christi. Dagegen repräsentiere der ICCC "die wahren Christen, die der Bibel als irrtumslosem Wort Gottes vertrauen".

Zeitweise stand der deutsche "Bibelbund e.V." dem ICCC sehr nahe. In seiner Zeitschrift "Bibel und Gemeinde" wurden Beiträge des ICCC veröffentlicht.  

Problematisch ist, dass sich der ICCC und sein ehemaliger Präsident immer wieder in Machtkäpfe verwickelten, was zu schmerzhaften Spannungen führte. So kam es noch vor Carl McIntires Tod im Jahr 2002 in seiner eigenen Gemeinde in Collingswood, New Jersey, in welcher er 60 Jahre Pastor war, zur Spaltung.

Wie in seiner eigenen Kirche kam es im ICCC immer wieder zu schmerzlichen Spannungen und Spaltungen. Ein großes Problem war u.a. die Auseinandersetzung mit dem profilierten Apologeten Francis >Schaeffer (1912-84). Diese Spaltungen und Kämpfe schwächten den ICCC besonders in Europa, aber auch in den USA. Auch hat man in den USA versäumt, für geeignete Nachfolger in der Leitung des ICCC zu sorgen. In Lateinamerika, Asien und Afrika hat der ICCC allerdings eine gute Struktur. Bei seinem 17. Weltkongreß, im Juni 2005 in Korea, konnte er mehr als zwei Dutzend neue Kirchen und christliche Werke aufnehmen. Auf dem 17. Kongreß wurde der Wunsch laut, den "ICCC Europa" wieder aufleben zu lassen. Zum Beauftragten für Europa (Exekutive Member for Europe) wurde auf dem 17. Kongreß der ehemalige Rektor der Akademie für Reformatorische Theologie in Marburg (ART) Dr. Bernhard Kaiser berufen. Vorsitzender des ICCC in dieser Zeit war Dr.Choi aus Seoul/Korea — und Generalsekretär Dr. Swee Hwa Quek aus Singapur.

Rainer Wagner


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