Fallen auf den Rücken

HANDBUCH ORIENTIERUNG: Religionen, Kirchen, Sekten, Weltanschauungen, Esoterik.(Slain in the Spirit, Erschlagenwerden im Geist)

Immer häufiger tritt in charismatischen bzw. pfingstlich geprägten Versammlungen ein Phänomen auf, das von Anhängern dieser Bewegung "Ruhen im Geist" genannt wird. "Erschlagen werden im Geist" ("slain in the spirit") ist eine andere Bezeichnung dafür.

Besonders durch die "Dritte Welle" wird diese Erscheinung als urgemeindliche Kraftwirkung propagiert und im Sinne des "Power Evangelism" verstanden. Bemerkenswert ist, dass der überwiegende Teil der Leute, die von dieser Geisteswirkung erfasst werden, nicht nach vorne, sondern auf den Rücken fallen. So berichtet jemand zeugnishaft, der früher einer extremen charismatischen Gemeinde angehörte und sich inzwischen davon distanziert hat:

"Unter Handauflegung von Reinhard Bonnke wurde ich wie von einem Blitz getroffen und nach hinten auf einen harten Steinboden geschleudert, wobei jegliches körperliche Gefühl verschwunden war. Verletzt wurde ich bei diesem Sturz nicht. Bei einer anderen Handauflegung erlebte ich für einige Sekunden, wie ich aus meinem Körper herausschwebte und eine beglückende Schwerelosigkeit mich umfing. Gleichzeitig fiel ich nach hinten."  

Gibt es dazu biblische Beispiele oder wie ist dies von der Heiligen Schrift her zu beurteilen? Nun wird in Gottes Wort immer wieder davon berichtet, wie Menschen in Ehrfurcht vor dem lebendigen Gott auf ihr Angesicht fallen.

Von der Anbetung vor dem himmlischen Throne Gottes wird zweimal ausdrücklich gesagt, wie man dabei auf das Angesicht fällt (Offb. 7,11 und 11,16). 1. Kor. 14 wird als Beleg für die besonderen charismatischen Gottesdienste immer wieder zitiert. Gerade dieses Kapitel aber spricht davon, dass vom Heiligen überführt, der Betreffende auf sein Angesicht fallen würde (Vers 25).

Von daher ist es eher bemerkenswert, dass in diesen Strömungen, die sich bevorzugt auf den Korintherbrief berufen, in gewisser Hinsicht das genaue Gegenteil manifestiert. Die Menschen fallen auf den Rücken und müssen von besonderen "Auffängern" vor Schaden bewahrt werden. Für diese Art Dienste oder Amt gibt es kein biblisches Beispiel. Wir lesen nirgends in der Heiligen Schrift, dass, wenn der Herr Menschen heilte oder anrührte, sich seine Jünger in Auffangstellung unter die Zuhörermenge mischten.

Gibt es jedoch Hinweise in Gottes Wort für das Fallen auf den Rücken? Die Bibelstellen, die davon berichten, deuten an, dass bei solchen Ereignissen ein Gericht Gottes vorliegt. Als der Hohepriester Eli die Nachricht erfährt, dass die Bundeslade von den Philistern geraubt worden ist, fällt er rücklings vom Stuhl und erschlägt sich (1. Sam. 4,18). Gott hatte dies vorher als Gericht angekündigt (1. Sam. 2,34 und 3,11).

In Jesaja 28 spricht Gott ab Vers 7 von dem Gericht über die falschen Propheten. Der 13. Vers sagt schließlich:

 "...dass sie hingen und rücklings fallen, zerbrochen, verstrickt und gefangen werden."

Dies ist umso mehr bemerkenswert, als die Verse unmittelbar davor (Vers) von Paulus in 1. Kor. 14 zitiert werden.

Eine allegorische Deutung lässt vielleicht 1. Mose 49,17 zu: Durch den Biss der Schlange fällt der Reiter auf den Rücken.

Manchmal wird noch als biblischer Beleg von charismatischer Seite für diese Phänomene Joh. 18,6 angeführt:

"Als nun Jesus zu ihnen sprach: Ich bin`s! wichen sie zurück und fielen zu Boden."

Zwar heißt es nicht ausdrücklich, dass sie rücklings fielen, doch ist dies hier nicht völlig auszuschließen. Auch John Wimber, der vielleicht der bekannteste Heilungsevangelist Amerikas war, berief sich auf diese Stelle. Nun sollte man erstens beachten, dass zwischen dem Herrn Jesus und einem Menschen, auch wenn er noch so ein brennender Christ ist, ein bedeutender Unterschied besteht. Doch vom einfachen Textzusammenhang her kann man in dem Abschnitt aus Joh. 18 erkennen, dass dies nicht Leute waren, die mehr Geistesausrüstung oder Hingabe für Jesus suchten, sondern im Prinzip seine Todfeinde waren. Sie wollten Ihn gefangen nehmen und hinrichten lassen. Insofern kann es sich hier "bestenfalls" nur um ein Gerichtszeichen handeln, was wiederum mit dem oben Gesagten übereinstimmt.

Der Teufel als der "Affe Gottes" wirkt oft genug das Gegenteil des Heiligen Geistes. So ist es bekannt, dass in Satanszirkeln als lebende Altäre die Menschen (gewöhnlich Frauen) auf dem Rücken liegen. Es bedeutet dies Aufdecken der Blöße vor Gott. Deswegen durfte im Alten Testament der Altar nicht auf Stufen errichtet werden:

"Du sollst nicht auf Stufen zu meinem Altar hinaufsteigen, dass nicht deine Blöße aufgedeckt werde vor ihm" (2. Mose 20,26).

Der Mensch, der sich vor Gott aufs Angesicht wirft, bedeckt seine Blöße. Wer aber auf dem Rücken liegt, deckt sie auf. Es ist der Geist des Widersachers, der den Menschen entblößt (Offb. 16,15), nie und nimmer aber ist so etwas das Wirken des Heiligen Geistes.

Auch weiß man von der Missionsgeschichte, wie Menschen durch das Wirken dämonischer Geister auf den Rücken fallen. So wird in dem Buch "Chinas Märtyrer" berichtet, wie die Chinesen, die am Boxeraufstand teilnahmen, sich einem besonderen Ritual unterzogen. Der betreffende Initiand musste sich in einem Kreis stellen, sich verbeugen und Beschwörungsformeln so lange aufsagen, bis der angerufene Geist kam und von ihm Besitz nahm, wobei er rücklings platt auf die Erde fiel. Er geriet in Trance und erwachte erst wieder aus diesem Zustand, wenn der Zeremonienmeister seine Stirn berührte. Auch aus heidnischen Religionen kennt man solche Phänomene. So schreibt Rabi Maharaj in seinem Buch "Der Tod eines Guru" unter der Worterklärung Shakti Pat:

"Bezeichnet die Berührung des Gurus, gewöhnlich seiner rechten Hand an der Stirn des Anbetenden, die übernatürliche Wirkungen hat... Durch Verabreichung des Shakti Pat wird der Guru zum Kanal der Urkraft, der kosmischen Kraft, welcher das ganze Universum zugrunde liegt... Die übernatürliche  Wirkung des Shakti durch die Berührung des Guru kann den Anbetenden zu Boden werfen, oder er kann ein helles Licht wahrnehmen und eine innere Erleuchtung oder eine sonstige mystische oder psychische Erfahrung machen."

Karl Guido Rey berichtet in seinem Buch "Gotteserlebnisse im Schnellverfahren", wie die Mesmeristen ihre Schüler in Hypnoseexperimenten rücklings fallen ließen. Sie bezeichneten es "als Experimente der magnetischen Anziehungskraft" (Seite 88). Mesmerismus und Hypnose sind praktisch identisch. Franz Anton Mesmer gilt als Begründer des Suggestionsbegriffs.

Auf gleicher Ebene sind die Darbietungen des russischen Hypnotiseurs Kasparowskis in öffentlichen Stadien. Menschen sinken auf den Rücken, die Gesichter tranceähnlich mystisch verzückt bis verzerrt. Es handelt sich hier eindeutig um das Wirken des Verführers, dessen Auftreten mit lügenhaften Zeichen und Wundern (2. Thess. 2,9-11) uns für das Ende der Tage von der Bibel vorausgesagt ist.

Kurzer Hinweis zu 1. Kor. 12,2: Zunächst wird hier ausgesagt, wie der Götze stumm (aphonos) ist. Im Heidentum läuft die Kommunikation nicht über den Sinn (nous), sondern über Emotionen und Ekstase. Je mehr man außer sich ist, desto näher ist man seiner Gottheit, die oft genug wie eine physische Kraft (Energie, Hitze, elektrischer Strom usw.) wahrgenommen wird. Weiters ist erwähnenswert, dass sich im Griechischen für das Wort "fortgerissen" apagomenoi findet. Das ist das passive Partizip von "apago". Apago wird übersetzt mit weg-, ab-, fortführen. Die passive Form (apagomai) heißt wörtlich: Weg- oder hingerissen werden. In übertragener Form bedeutet es auch gemäß "Wörterbuch zum Neuen Testament" (Walter Bauer): verführt werden. Dieser Begriff bringt jedenfalls das zum Ausdruck, was sich bei dem so genannten "Ruhen im Geist" tatsächlich abspielt. Dieses "Erschlagen-werden" im Geist, für viele Anhänger der charismatischen Strömung der Beweis der Ausrüstung mit besonderer Kraft, klassifiziert Paulus als das Kennzeichen des Heidentums bzw. als das Wirken des Geistes der Verführung. Es ist auch ein bemerkenswerter Gedanke, dass Paulus, indem er über die geistliche Waffenrüstung von Epheser 6 spricht, dreimal das Wort "stehen" (Griechisch histamai) verwendet, nämlich die Verse 11, 13 und 14 (letzterer als Befehlsform).

Es ist aufschlussreich, dass im Zusammenhang mit geistlichem Kampf die Bibel entweder das Wort "widerstehen" (Griechisch anthistamai, Jak. 4,7 und 1 Petr. 5,9) oder "stehen" (histamai) gebraucht. Etliche behaupten heute, mit dem Geist erfüllt zu sein. Aber was man oft genug sehen muss, ist eine "Armee", die immer häufiger und schneller am Boden liegt, niederfällt, wenn der "Geist" kommt, anstatt zu stehen! In Anbetracht der Tatsache, dass Paulus die Waffenrüstung eines römischen Soldaten beschreibt, wäre es undenkbar, außer in den Zeiten der Niederlage, die Soldaten Roms auf dem Boden liegen zu sehen. Auf dem Rücken zu liegen, war fast einer umgedrehten Schildkröte vergleichbar, ein hoffnungsloses Bild des Besiegtseins. Petrus ermahnt eindringlich:

"Ihr aber meine Lieben, weil ihr das zuvor wisset, so hütet euch, dass ihr nicht durch den Irrtum der ruchlosen Leute samt ihnen verführt werdet und fallet aus eurem festen Stand" (2. Petr. 3,17).

Lit.: R. Ebertshäuser, Die Charismatische Bewegung im Licht der Bibel, div. Aufl.

Alexander Seibel


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