Evolution

HANDBUCH ORIENTIERUNG: Religionen, Kirchen, Sekten, Weltanschauungen, Esoterik.

In der Biologie wird unter Evolution die Fähigkeit der Lebewesen verstanden, ihr äußeres Erscheinungsbild im Laufe der Zeit zu verändern. Gewöhnlich wird diese Fähigkeit der Wandelbarkeit der Lebewesen auf große Zeiträume extrapoliert und auf eine allgemeine Abstammung aller Arten von andersartigen Vorfahren geschlossen. Diese Gesamtevolution des Lebens soll durch einen Abwandlungs- und Verzweigungsprozeß erfolgt sein, der zu einem Stammbaum des Lebens geführt haben soll. Nach den Vorstellungen der Evolutionstheorie begann dieser Prozeß in einem ersten einzelligen Urlebewesen, von dem die gesamte Vielfalt des Lebens abgeleitet wird. Neuerdings wird diskutiert, ob an der Basis des Lebens mehrere, vielleicht sogar zahlreiche Urformen standen. Der Mensch ist nach dieser Sichtweise Teil des Stammbaums des Lebens und stammt von affenartigen Tieren ab. Die ersten Lebewesen sollen im Rahmen einer sog. "chemischen Evolution" aus toten Stoffen in sog. "Ursuppen" entstanden sein. Diskutiert wird auch eine Infektion mit Lebewesen oder ihren Vorstufen aus dem Weltraum. Die Evolution der Lebewesen wird in eine Evolution des Weltalls eingebettet, die ihren Anfang durch einen Urknall genommen haben soll. Die Evolutionsanschauung ist heute im akademischen Raum nahezu unangefochten.

Die Evolutionsforschung verfolgt das erklärte Ziel, die Entstehung und Geschichte der Lebewesen vollständig naturgesetzlich zu erklären, so daß ein Schöpfer überflüssig erscheint. Auch das Verhalten des Menschen bis hin zu seiner religiösen Natur soll auf diese Weise durch tierische oder tiermenschliche Vorstufen erklärt werden. Insgesamt stellt sich die Evolutionsanschauung als ein Gegenentwurf zur biblischen Schöpfungslehre dar.

Naturwissenschaftliche Kritik: Zahlreiche naturkundliche Daten können zwar im Rahmen von Evolutionstheorien interpretiert werden, erlauben aber auch alternativ eine Deutung im Rahmen der biblischen Schöpfungslehre. Beispielsweise kann die abgestufte Ähnlichkeit der Lebewesen auf einen evolutionären Abstammungs- und Verzweigungsprozesses zurückgeführt werden, doch dieser Befund läßt sich ebensogut als Indiz für einen gemeinsamen Urheber (Schöpfer) der Lebewesen deuten. Oder: Die beobachtbare begrenzte Veränderlichkeit der Lebewesen wird zwar als Beleg für eine allgemeine Evolution verwendet; dieser Befund ist jedoch auch ein wichtiger Baustein im Grundtypmodell der Schöpfungslehre. Danach gehen alle Lebewesen auf erschaffene Grundtypen zurück, die von Anbeginn an über ein großes genetisches Variationspotential verfügten, welches im Laufe der Generationen durch Spezialisierungs- und Anpassungsvorgänge ausgeschöpft wurde.

Die Evolutionsforschung konnte drei wesentliche Probleme nicht lösen:

Die Geschichte des Lebens kann als vergangenes Geschehen mit naturwissenschaftlichen Methoden nicht direkt untersucht werden; es ist nur möglich im Rahmen vorgegebener Anschauungen (Evolution, Schöpfung) die Beobachtungsdaten im Nachhinein einzupassen.

Biblische Bewertung:Auch dann, wenn Gott als Lenker oder Initiator der Evolution der Lebewesen angesehen wird, ergeben sich weitreichende Folgen für das biblische Heilsverständnis. Zwei von einer ganzen Reihe von Punkten sollen herausgegriffen werden: Die Bewertung des Todes und das Verständnis und die Herkunft der Sünde. Das Neue Testament stellt klar (1 Kor 15,26), dass der Tod der Feind Gottes und der Widerspruch zum Leben ist, wie etwa an den Taten Jesu deutlich wird. Jesus Christus ist gestorben und auferstanden, um das Todes- und Sündenproblem des Menschen zu lösen. Im Rahmen einer wie auch immer gearteten Evolution ist der Tod dagegen ein notwendiger Faktor zur Hervorbringung des Lebens. Denn: Ohne Tod (individuelles Sterben und Aussterben von Arten) gibt es keine Evolution, also kein Leben. Der Tod wird als schöpferisches Prinzip angesehen (wie manche es formuliert haben) und gehört zum Leben dazu wie die zweite Seite einer Münze. Der Tod war nach der Evolutionslehre auch schon lange vor dem Auftreten des Menschen in der Welt und kann folglich nicht erst durch die Sünde in die Welt gekommen sein (Röm 5,12-19; 8,19-22). Paulus erläutert in Römer 5,12ff den Zusammenhang zwischen dem Einbruch der Sünde in die Welt durch den einen, Adam, und der Rechtfertigung durch den einen, Jesus. Im evolutionären Kontext gibt es diesen einen Adam gar nicht, denn die Evolution schreitet in Gruppen, nicht in Individuen oder Paaren, voran. Wenn demnach die Sünde und dadurch der Tod nicht durch den Ungehorsam des ersten Menschenpaares in die Welt eingedrungen sind, wenn vielmehr Gott selber als Lenker der Evolution beides von vornherein gewollt hat, dann ist die Tat Jesu am Kreuz und in der Auferstehung sinnlos und deplaziert. Gott kann unmöglich Leid und Tod als Evolutions- gleich: Schöpfungsprinzip verwendet haben (gottgelenkte Evolution), weil der Tod der Feind Gottes und des Lebens ist. Die Evolutionslehre beinhaltet auch die Entstehung menschlicher Verhaltensweisen (auch der Sünden) durch Evolutionsprinzipien. Der Mensch ist, wie er ist, weil er aus dem Tierreich stammt, nicht weil er ein in Sünde gefallenes Gottesbild ist. Damit wird deutlich, dass das Zentrum der biblischen Heilslehre betroffen ist.

Lit.: R. Junker: Leben durch Sterben? Schöpfung, Heilsgeschichte und Evolution. Neuhausen-Stuttgart,21994; R. Junker & S. Scherer: Evolution - ein kritisches Lehrbuch. Gießen, 52001; Studiengemeinschaft Wort und Wissen: Evolution (o)der Schöpfung. Holzgerlingen, 42001.

Reinhard Junker


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