Altkatholische Kirche

HANDBUCH ORIENTIERUNG: Religionen, Kirchen, Sekten, Weltanschauungen, Esoterik.Der in der 2. Hälfte des 19. Jahrhunderts politisch immer mehr geschwächte Vatikan versuchte seine geistige Macht durch das 1. Vatikanische Konzil 1869-70 zu stärken. Hier ließ Papst Pius IX. teilweise mit List und gegen den Widerstand besonders deutschsprachiger katholischer Bischöfe und Theologen das Dogma von der Unfehlbarkeit des Papstes verkünden. Es besagt, daß Aussagen des Papstes unfehlbar sind, wenn er zu Glaubens- und Sittenfragen im Amt

"ex cathedra"

spricht.

Aufgrund seiner Kritik wurde am 17. April 1871 der Führer dieser Opposition, der Münchner Theologe Ignaz Döllinger, mit dem Kirchenbann belegt. Daraufhin kam im September 1871 der erste Altkatholiken-Kongreß in München zusammen. Aus Opposition gegen Roms Herrschaft bildeten sich in der Folgezeit ähnliche Kirchen in Österreich (1872) und in der Schweiz (1876). Auch in anderen Ländern entstanden aufgrund des römischen Machtanspruchs ähnliche Nationalkirchen: in den USA seit 1905, in Polen seit 1918. Eine weitere A. K. ist die Kroatische Nationalkirche.

Diese von Rom gelösten A.n K.n schlossen sich gemeinsam mit den "Römischen Katholiken von der altbischöflichen Klerisei" zu einer Art Weltbund, der Utrechter Union, zusammen. Die zu dieser Union gehörenden A.n K.n entwickelten im Laufe der Zeit eine Theologie, die mit der Anglikanischen Kirche vergleichbar ist. Theologisch stehen sie dem Protestantismus näher als der Römisch-Katholischen Kirche. Bedeutungsloser blieben nicht zur Utrechter Union gehörende altkatholische Gruppen in Spanien, Portugal, den Philippinen und Mexiko. Die A. K. hat seit 1985 Abendmahlsgemeinschaft mit den Kirchen der EKD. Seit 1994 sind Frauen zu allen Ämtern zugelassen (Frau in der Gemeinde). Das Bistum der Alt-Katholiken in Deutschland zählt etwa 25.000 Mitglieder (Tendenz steigend), und ist eine Körperschaft öffentlichen Rechts. Für die Ausbildung von Theologiestudierenden gibt es an der Universität Bonn ein Alt-Katholisches Seminar und als Einrichtung des Bistums das Bischöfliche Seminar "Johanneum". Die A. K. gehört sowohl zum ÖRK wie zum ACK.

Zur Beurteilung vgl.: Katholisches Kirchenverständnis, Liberale Theologie, Frau in der Gemeinde.

Lit.: H. Kirchner "Das Papsttum und der deutsche Katholizismus 1870-1958" KGiE III/9 Leipzig 1992

Rainer Wagner


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